Denn
sie
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Neues von der preisgekrönten Münchner Produktionsfirma Trimafilm: Ihr FFF-gefördertes Serienprojekt 30 Tage Lust feierte Weltpremiere bei Series Mania in Lille und wird im Herbst im SWR ausgestrahlt.
von Anna Steinbauer
6 Minuten Lesezeit
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Eigentlich sind Freddy und Zeno ein schönes Paar. Sie sind seit 15 Jahren zusammen, teilen eine gemütliche Wohnung und den Freundeskreis und haben sogar regelmäßig Sex. Eigentlich sind sie glücklich. Oder doch nicht? Während um die beiden Endzwanziger herum alle entweder als Singles unterwegs sind oder heiraten, und Kinder bekommen, verharren Freddy und Zeno auf ihrem stabilen Status Quo. Oder im Stillstand? Genau das ist die Ausgangsfrage, die die FFF-geförderte Serie 30 Tage Lust stellt. Um sich gegenseitig neue Erfahrungen zu ermöglichen, beschließen die beiden auf einer Party, ihre Beziehung für eine kurze Zeit für Sex mit anderen Menschen zu öffnen. Denn eigentlich sind sich die beiden ihrer Verbindung sicher. „30 Tage, keine Person zweimal und nichts sagen. Deal?“, schlägt Freddy ihrem Partner vor. Der lässt sich auf das Experiment ein und los geht’s mit dem Daten, Flirten und dem spontanen Sex.

Was genau das für ihre Beziehung bedeutet, realisieren die beiden erst nach und nach. Merken Freddy (Linda Blümchen) und Zeno (Simon Steinhorst) rechtzeitig, was für ein gutes Paar sie eigentlich sind? Verhandelt die Serie die Geschichte einer Trennung oder den Neubeginn einer bewährten Verbindung? Auf jeden Fall ist es eine Liebesgeschichte, sagt David Armati Lechner von Trimafilm. „Ohne zu viel zu verraten kann man auf jeden Fall sagen, dass beide am Ende auf eine positive Entwicklung und Erkenntnis zurückblicken, die sie im Leben weiterbringt“, so der Produzent und HFF-Alumni. Mit Kollegin Trini Götze produzierte er die Serie in Zusammenarbeit mit dem SWR. Im März feierte 30 Tage Lust auf dem Series Mania Festival in Frankreich Premiere, im Herbst starten die acht Folgen á 30 Minuten in der ARD Mediathek. Götze und Armati Lechner haben bereits ein erfolgreiches Serienprojekt zu verzeichnen: Sie produzierten für das ZDF 2019 die einst als Webserie zum Kult gewordene Serie Fett und Fett von Chiara Grabmayr und Jakob Schreier, worin das Lebensgefühl junger Städter Ende Zwanzig zwischen Dreiecksbeziehung, liebenswürdiger Verpeiltheit und der nächsten Party porträtiert wird.

„30 Tage, keine Person zweimal und nichts sagen. Deal?“

Auch in 30 Tage Lust sind die Protagonist*innen sogenannte Millennials oder Vertreter*innen der Generation Y, also die zwischen 1980 und 1999 Geborenen. Die Serie nimmt das Verhalten und die Gefühlslage dieser jungen Erwachsenen in den Fokus: Aufgewachsen in größtmöglicher Freiheit und Sicherheit, immer auf der Suche nach neuen Erfahrungen und die stete Angst, etwas zu verpassen. „Den Millennials, denen es jahrelang gut ging, bleiben oft in ihren Beziehungen, weil es bequem ist“, sagt Götze. „Ich nehme wahr, dass die Gen Z da anders drauf ist. Ich bin darüber erstaunt, dass sie einen konkreten Plan bei vielem haben: erst Studium, dann Auslandsaufenthalt und vor 30 auf jeden Fall ein Kind – oder schon wissen, dass kein Kinderwunsch da ist“. Freddy und Zeno sind auf jeden Fall typische Millenials: Sie arbeitet in einer Apotheke und kann mit der Familienplanung ihrer zielstrebigen Freundin nichts anfangen, er ist als Kunstrestaurator ganz zufrieden und auch sonst nicht wirklich ambitioniert. Sie lassen sich von Party zu Party treiben und plötzlich steht der 30. Geburtstag unmittelbar bevor.

Die erste Idee zu dem Projekt ist 15 Jahre alt, genauso so lange wie die beiden Protagonist*innen in der Serie schon zusammen sind. Anfangs wollte er die Geschichte einer Trennung erzählen, die traurig, aber dennoch einig verläuft, erzählt Armati Lechner. „Es gab ein Recherchepool mit Themen, die um das Sehnsuchtsmotiv kreisten. Dazu unserer Generation, der es sehr schwerfällt, langfristige Commitments zu schließen.“ Aus dieser Melange entwickelten die beiden Produzent*innen zusammen mit Regisseur Bartosz Grudziecki die Serie, in die Regisseurin Pia Hellenthal und mehrere Drehbuchautor*innen früh involviert wurden. „Uns war es wichtig, dass die Umsetzung auch schon während des Schreibprozesses mitgedacht wird, damit eine Vision zusammen entsteht“, so Götze. Kein einfaches Unterfangen, da jede*r andere Sehgewohnheiten und Vorstellungen mit sich bringe, egal ob Team oder schließlich der Sender, erzählt Armati Lechner, der die Kommunikation und das Vermitteln zwischen den beteiligten Parteien als größte Herausforderung beschreibt: „Es ist schon ein Kraftakt, eine Serie von Grund auf zu konzipieren und damit eine Tonalität zu setzen.“

„Den Millennials, denen es jahrelang gut ging, bleiben oft in ihren Beziehungen, weil es bequem ist.“

Als Referenzen für das Projekt nennen die Produzent*innen die Serien Fleebag, Love und Normal People. Während der SWR 30 Tage Lust als Beziehungskomödie bezeichnet, betonen die Macher*innen die besondere Melancholie des Stoffes, dessen Komik in der Traurigkeit liege. Die Hoffnung, mit den neuen Eindrücken in die alte Beziehung zurückzukehren, zieht sich durch die Serie. Doch kann das funktionieren? „Wenn du so eine Horizonterweiterung erfährst und deine Identität plötzlich nicht mehr aus deinem Partner ziehst, sondern eine neue entwickelst, ist plötzlich alles offen“, so die Produzentin. Vielleicht ist das zentrale Thema der Serie die gemeinsame Weiterentwicklung eines Paares. Freddy und Zeno befinden sich in einer Beziehung, die zwar schön und angenehm ist, aber irgendwo in den unreflektierten Teenager-Zeiten steckengeblieben ist und zur Selbstverständlichkeit geworden ist. Armati Lechner sieht die fehlende Kommunikation als Hauptproblem: „Vielleicht waren die beiden nicht ehrlich miteinander, obwohl sie alles ausgesprochen haben.“ Kann es eine gemeinsame Zukunft geben?

„Wenn du so eine Horizonterweiterung erfährst und deine Identität plötzlich nicht mehr aus deinem Partner ziehst, sondern eine neue entwickelst, ist plötzlich alles offen.“

Es gibt einige Gelegenheiten, bei denen die Beziehung zu kippen droht, zum Beispiel als Zeno eine Frau kennenlernt, bei der sich das Sexperiment für ihn wie ein Betrug gegenüber seiner Partnerin anfühlt oder Freddy merkt, dass sie durchaus andere sexuelle Vorlieben hat als gedacht. Bei diesen Stellen hätten sie viel diskutiert, so Armati Lechner. „Das ist auch gut so, Liebesbeziehungen kann man nicht auf einen Satz runterbrechen.“ Das Schöne an der Serie ist, dass Freddy und Zeno wohlwollend, zärtlich und konstruktiv miteinander umgehen. Auf keinen Fall wollten sie die Beziehung als Kampf erzählen, sagt der Produzent. Beim Cast war es dem Team wichtig, die Hauptrollen nicht mit allzu bekannten Gesichtern zu besetzen. Beinahe ein Jahr lang suchten sie zusammen mit Casterin Lisa Stutzky nach den beide Protagonist*innen. „Simon hat uns direkt gecatcht, den hatten wir als erstes. Er spielt so leise und da ist so viel dahinter, das war toll. Linda fanden wir in München am Residenztheater. Wir haben die beiden kombiniert und dann war schnell klar, dass das super funktioniert.“, erzählt Goetze.

Der schönste Liebesweis ist es, wenn man jemanden nehmen kann, wie er ist. In dieser Hinsicht sind Freddy und Zeno ein sehr schönes Paar – für die Ewigkeit oder auch nicht.

Herausgeber: FilmFernsehFonds Bayern GmbH – Presse und Information
Text: Anna Steinbauer

FotosTrimafilm, SWR
Redaktion und digitales Storytelling: Olga Havenetidis
Gestaltung: Schmid/Widmaier

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