Schon mal vom „Weißen Terror“ in Taiwan gehört? Was dieser für die Betroffenen bedeutet hat, davon vermittelt The Man Who Couldn’t Leave von Chen Singing einen bleibenden Eindruck. Bei der halbstündigen XR-Experience steht man zunächst dem ehemaligen politischen Gefangenen A-Kuen gegenüber, der Geschichten von seiner eigenen Verhaftung und der von anderen Regime-Gegnern im Jahr 1950 erzählt. Dies wurde durch das 1949 eingeführte Kriegsrecht in Taiwan möglich. Und Schätzungen zur Folge könnten in der Zeit danach bis zu 3.0000 Menschen getötet worden sein. Einer davon war A-Kuens Freund A-Ching, dessen Schicksal, seine Zeit im Gefängnis auf der „Grünen Insel“ und seine Hinrichtung wir dann hautnah miterleben. Am Ende weitet sich die Experience zu einem eindringlichen Plädoyer für Freiheit, Widerstand und Kameradschaft aus.
Im Jahr 2022 bekam Chen Singing bei den Filmfestspielen in Venedig dafür den „Immersive Best Experience“-Award. Und vom 3. bis 5. Juli war The Man Who Couldn’t Leave nun beim Festival der Zukunft in München als einer der virtuellen Höhepunkte zu sehen. Dort, im Forum der Zukunft des Deutschen Museums, aber auch darüber hinaus, war unter dem Titel „Munich Beyond“ eine ganze Reihe an immersiven Performances und XR-Experiences zu erleben. Hinzu kamen Präsentationen und Diskussionen. Außerdem stellten die Finalisten des mit 1.000 Euro dotierten „New Realities Competition“ ihre Arbeiten im Rahmen von „Munich Beyond“ vor. Ein Schwerpunkt lag dabei auf der Fusion von Extended Reality (XR) und Künstlicher Intelligenz (KI). Ein weiterer auf XR als „Medium für kollektive Erfahrungen“.
Veranstaltet wurde „Munich Beyond“ vom Festival der Zukunft in Kooperation mit dem Filmfest München, dem XR HUB Bavaria, dem Residenztheater und dem FFF Bayern. Mit dem Ziel, ein möglichst breites Publikum zu finden und diesem XR als „das spannendste Medium unserer Zeit“ zu präsentieren. Im Falle von The Man Who Couldn’t Leave ist das zweifelsfrei gelungen. Wobei die taiwanesische XR-Arbeit keineswegs die einzige eindrückliche oder preisgekrönte Experience war. Taiwan war bei „Munich Beyond“ Gastland. Andere Werke stammten aus Europa. Und mit der VR-Doku von Amadeus Hiller über die Streetart-Legende Loomit und der Experience Duchampiana von Lilian Hess und Myndstorm waren auch Arbeiten aus München dabei.