Wer würde nicht gern anderen Menschen in den Kopf schauen? Für Produzenten von Games und anderen Medien gilt das natürlich besonders: Sie möchten nur zu gern wissen, was ihren potenziellen Kund*innen, Spieler*innen und Zuschauer*innen gefällt – und was nicht. Hier setzt das junge Münchner Start-Up Brainamics an. Es hat eine besondere Methode zum Testen von Games entwickelt: Brainamics setzt den Gamern Elektroden auf den Kopf und misst während des Spielens die Hirnströme. Und erhält schließlich dank eines Deep-Learning-Modells Antworten auf die entscheidenden Fragen: In welchen Momenten des Games werden welche Emotionen ausgelöst? Und in welcher Intensität?
Das Verfahren mit den Elektroden heißt Elektroenzephalographie, kurz EEG. Manche kennen es aus der Arztpraxis: Was das EKG für das Herz ist, ist das EEG für das Gehirn. Philipp Zent, der Gründer und CEO von Brainamics, experimentierte damit während seines Informatik- und BWL-Studiums bei einem Münchner Hackathon, an dem er mit einem befreundeten Physikstudenten teilnahm. „Wir bekamen die EEG-Sensoren und man hat uns überlassen, was wir damit anstellen“, sagt Zent. „Wir waren begeisterte Gamer, hatten die Idee, die Sensoren zum Testing zu verwenden, und haben sofort begonnen, die Technologie zu entwickeln.“
Daran arbeiteten sie weiter und gründeten mit Unterstützung der Technischen Universität München das Start-Up Brainamics. „Wir wussten, dass Spielentwickler mit dem üblichen Game-Testing nicht allzu zufrieden sind“, sagt Zent. „Es basiert auf Befragungen, ist fehleranfällig und subjektiv. Wir wollen die Gefühle eines Spielers objektiv darstellen: Aufregung, Langeweile, Glück oder Furcht.“
Und das geht mit ihrem Tool so: Die zwölf Elektroden werden am Kopf des Gamers angebracht, zum Beispiel an der Stirn, oberhalb des präfrontalen Cortex, in dem in Glücksmomenten die Neurotransmitter Dopamin oder Serotonin ausgestoßen werden. Dadurch werden Synapsen und schließlich Neuronen aktiviert – und letzteres ist als elektrisches Signal über die EEG-Sensoren messbar. „Ein Deep-Learning-Modell leitet dann aus den gemessenen Werten ab, welche Emotionen wie stark zu welchem Zeitpunkt aufgetreten sind“, erklärt Zent. Das Ergebnis wird in einem Koordinatensystem visualisiert, wie wir es aus der Schule kennen: Auf der x-Achse werden die Gefühle dargestellt – zwischen sehr negativ und sehr positiv –, und auf der y-Achse deren Intensität.
Im Frühjahr 2022 brachte Brainamics das Tool auf den Markt und fand schnell Kunden. Dann wurde Ende des Jahres ChatGPT veröffentlicht und der Hype um generative KI und Large Language Models brach aus. „Diese Technologien wollten wir auch nutzen, um das Playtesting zu verfeinern“, sagt Zent. Und passenderweise war er damals auf einen Förderaufruf der EU aufmerksam geworden: die Creative Europe MEDIA Förderung für „Innovative Tools and Business Models“.