Tag 1

„KULTURELLER
ADRENALINKICK
FÜR DIE
TRANSFORMATION“

Im Rahmen des Filmfest München 2023 fand die vom FFF Bayern und dem BKM organisierte „2. Green Culture Konferenz – audiovisuelle Medien“ in Bewegung im Amerikahaus statt. Ein Rückblick.
Kreatives (Um)denken ist die Kernkompetenz der Medienbranche – mit großer künstlerischer und gesellschaftlicher Wirkung. Einer noch umfassenderen und entscheidenden Dimension widmete sich im Juli die 2. Green Culture Konferenz in München. Dabei im Fokus: Kultur als Innovationstreiberin für den ökologischen Wandel.
Von Christina Raftery
Fotos: Kurt Krieger

„Alles fast wie vor der Pandemie, nur mit mehr Elektroautos und digitalen Kanälen“: Moderator Bernhard Blöchls (SZ) Kurz-Fazit des Filmfests München 2023 gab die Richtung vor. Initiiert von Kulturstaatsministerin Claudia Roth und umgesetzt vom FFF Bayern widmete sich die 2. Green Culture Konferenz in München nicht nur künstlerischen Prozessen, sondern akuten Realitäten.

Unter anderem durch die Vermittlung engagierter, IHK-zertifizierter „Green Consultants Film & TV“, die im Amerikahaus zahlreich vertreten waren, ist „grünes“ Produzieren mittlerweile weit mehr als ein Schlagwort, sondern zeigt sich im bewussteren Umgang mit Ressourcen und CO2-Emissionen. Doch nicht nur in der Filmförderung gehe es nun um die Abkehr vom vorherrschenden „Flicken­teppich“ (Blöchl). Dass die im März 2023 eingeführten ökologischen Standards weiter konkretisiert, ausgebaut und vereinheitlicht werden müssen, verdeutlichte nicht nur Judith Gerlach in ihrem Statement. „Dazu ist der Erfahrungsaustausch von Film- und Kulturschaffenden mit Ver­treter*innen aus Politik, Wissenschaft und der Zivilgesellschaft wichtig“, so Bayerns Digitalministerin. Angesichts der Klimakrise seien die Filmschaf­fenden nicht nur beim „notwendigen Energie­sparen“ gefragt, sondern auch entscheidend für die thematischen Vermittlung.

„Die Öko-Transformation ist kein Spaziergang.“

Moderiert wurde die Konferenz von Bernhard Blöchl (Süddeutsche Zeitung)

Impulsgeber und Innovationstreiber, und zwar aus einem „wissenschaftlich fundiertem, partizipativen Prozess“ heraus: Auch Claudia Roth attestierte der Branche vor allem kommunikatives, Haltung etablierendes Potential. „Audiovisuelle Medien können das Thema Klimakrise aufgreifen, sie können die Folgen des menschen­gemachten Klimawandels zeigen und das Publikum für Konflikte und für Lösungen sensibilisieren. Doch die ästhetische Auseinandersetzung mit der Klimakrise, der Diskurs, die Thematisierung und Inszenierung allein werden nicht ausreichen, sie abzuwen­den“, skizzierte die Kulturstaats­ministerin in ihrem Statement. Kunst und Kultur müssten sich mit ihrem „eigenen Fußabdruck“ auseinander­setzen, ressourcenschonend arbeiten, nachhaltiger wirtschaften und bauen sowie weniger Müll produzieren. „Die Öko-Transformation ist kein Spaziergang“, so Roths Überzeugung: „Die Krise ist verdammt konkret.“ In eindringlichen Bildern („Die Zugspitze ist kein Postkartenmotiv mehr, sondern ein Beispiel schmelzender Gletscher“) appellierte sie an die Veränderungs­bereitschaft in einer Branche, „die mit Bild und Ton ohnehin intensiv in die Zukunft schaut.“ Jenseits der klassischen Katastrophen-Erzählung zählten für eine „Ästhetik des Klimawandels“ auch ein optimistischer, lösungsorientierter Blick, oder, in Roths Worten, das „Innovationswunder Vorstellungskraft“. In der geplanten Anlaufstelle Green Culture des Bundes können sich in der Folge auf institu­tionalisierter Ebene wegweisende Kräfte bündeln: „Mobilisieren, inspirieren sowie Augen und Herzen öffnen.“

Bernhard Blöchl, Dirk Messner, Diana Iljine, Dorothee Erpenstein, Claudia Roth, Sheri Hagen, Maria Furtwängler und Christoph Gröner vor der Eröffnung der 2. Green Culture Konferenz im Festivalzentrum des Filmest München

Von einem „kulturellen Adrenalinkick für die Transformation“ sprach Dirk Messner. Das „Großkrisenszenario“, dessen Ausmaße der Präsident des Umweltbundes­amtes mit eindrucks­vollen Statistiken belegte, benannte er als „zivilisatorisch-kulturelle Heraus­forderung.“ Die Verantwortung für Nachhaltigkeit und Klimaneutralität ordnete Messner in gewaltige historische Zusammenhänge: „Ähnlich wie in der Aufklärung braucht die aktuelle, für die Klimakatastrophe entscheidende Dekade ein neues Menschenbild. Willy Brandt sagte ‚Mehr Demokratie wagen‘. Uns stellt sich eine weitere Aufgabe: ‚Mehr Transformation erzählen.‘“ In dieser Hinsicht könne die ökologische Transformation „kein technokratisches Projekt sein“. Stattdessen:

„Grünes Storytelling kann mobilisieren und ermutigen. Bilder, Sprache und Narrative wirken auf Kopf und Bewusstsein.“ Letztendlich motiviere eine solche Kreativität zu sehr effektiven Antworten auf die Frage: „Wie sieht grünes Leben aus?“

Im entsprechenden kollaborativen Teil näherten sich auf der Green Culture Konferenz verschiedene Workshops Themen wie Datenerfassung, ökologische Standards, Ausbildung und Arbeitsprozesse an. „Echte Nachhaltigkeit beruht sowohl auf ökologischen als auch auf sozialen Voraussetzungen“, stellte FFF-Geschäftsführerin Dorothee Erpenstein klar: „So können wir den Trans­formationsprozess und die Zukunft mitgestalten.“

Eine von drei Exkursionen führte in das Materiallager Treibgut in München.

Zum Thema „Arbeitsstrukturen einer nachhaltigen Film- und Fernseh­produktion“ stellte sich hierzu die Frage: Welche Rahmenbedingungen muss die Film- und Fernsehwirtschaft schaffen, um soziale und diskrimi­nierungsfreie Arbeits­strukturen zu bieten? In dem von der Coachin Christine Tröstrum und der Strategieberaterin Linda Weichlein geleiteten Workshop ging es nicht nur um ein „Unframing in der Kommu­nikation“, sondern auch darum, den Gedanken strikt getrennter Arbeitsbereiche zugunsten einer gemeinsamen Verantwortung zu verändern. Zu den von Claudia Loewe (Deutsche Filmakademie Produktion) und Regisseurin Mira Thiel (ProQuote) gesetzten Impulsen gehörte darüber hinaus die Idee einer verpflichtenden, für nachhaltige Zwecke einzusetzen­den sozial-ökologischen Abgabe als „Hebel der Veränderung“. Einig war sich das Team: „Die Beteiligungen an einer Filmproduktion simulieren die Gesellschaft.“ Auch das Publikum sei bereits für Entstehungsprozesse sensibilisiert. Ausgehend davon würden rund um eine Produktion Faktoren wie Zeitmanagement, soziale Nachhaltigkeit, gegenseitiges Vertrauen, Vielfalt und Schutzräume. Das Fazit des Workshops: „Die Filmproduktion kann menschlicher werden.“

Der fünfte Workshop widmete sich dem Thema der sozialen Nachhaltigkeit und wurde geleitet von Christine Tröstrum.

Doch wie können entsprechendes Wissen und Erfahrung flächendeckend vermittelt werden? Darüber machte sich ein von den Green Filming-Experten Philip Gassmann und Judith Niemeyer moderierter Workshop zur Weiterbildung Gedanken. „Die Klimakrise ist eine Folge von fehlender Bildung und falschem Storytelling“, so Gassmanns Kernthese. Letzteres griff die im Panel anwesende Schauspielerin und Aktivistin Maria Furtwängler auf: „Die Klimakrise ist kein Thema, sondern eine Dimension.“ In dieser Hinsicht müssten sich Initiativen wie das „Aktionsnetzwerk Nachhaltigkeit“ auch in der Aus- und Weiterbildung verankern und Angebote für alle Filmberufe fördern und instituti­onalisieren – inklusive bezahlter, derzeit noch nicht existenter „grüner“ Lehrstellen an Filmhochschulen. Teilnahme an den Angeboten könnten in Förderent­schei­dungen einfließen. „Die Menschen mitnehmen“: Diese Kernkompetenz von Filmfestivals ist für Panel-Teilnehmer Thorsten Schaumann (Hofer Filmtage) auch ein Schlüssel für „Green Film Culture“, verbunden mit Schlüsselbegriffen, den Judith Niemeyer, in die Diskussion brachte:

„Empathie und social skills“.

Der Rolle der Zentralen Anlaufstelle Green Culture im BKM widmete sich eine Runde unter der Frage „Wie soll die ökologische Transformation durch die Anlaufstelle vorangebracht werden?“ Dr. Thorsten Heimann, Katia Münstermann (BKM) und Sophie Brune (Aktionsnetzwerk Nachhaltigkeit) betonten die ökologische Transfor­mation als „Gemeinschaftswerk“. Das vier Millionen Euro umfassende Budget der Anlaufstelle biete in diesem Sinne unter anderem umfassende Beratung über Fördermöglichkeiten.

Die Workshopgruppe „Zentrale Anlaufstelle Green Culture“ unter der Leitung von Thorsten Heimann.

„Sharing is caring“ lautet die Über­zeugung Dirk Jepsen vom Institut „Ökopol“. Mit Impulsen von Susanne Hahn-Roesch (FFA) und Franziska Mohaupt (Bundes­verband Soziokultur) betonte der Workshop „Ökologische Standards in der audiovisuellen Produktion“ die Relevanz sowohl von Selbstverpflichtung, Konkretisierung von Unternehmensstandards und die Etablierung weiterer „grüner“ Aspekte in der Förderung – bis hin zum von Jepsen formulierten Ziel „Green ist he new normal und so selbstverständlich wie Arbeitssicherheit.“

Die bereits zuvor von Philip Gassmann ins Spiel gebrachte Form vom Kinobesuch als insgesamt „umwelt­freundlichsten“ Filmkonsum unter­mauerte Birgit Heidsiek, Grüne Kino-Beraterin bei der FFA. Mit Christian Bräuer (AG Kino) und Dok.Fest München-Leiter Daniel Sponsel als Impulsgeber umfasste ihr Panel Überle­gungen zur Mobilität rund um den Kinobesuch, den Einsatz von Ökostrom sowie die generelle Datenerfassung ökologischer „Kennzahlen“ in diesem Bereich.

Impulsvortrag von Daniel Sponsel in der Workshopgruppe „Datenerfassung ökologischer Kennzahlen im Kino“

Auf drei anschließenden Exkursionen konnten die Konferenz-Mitwirkenden vor Ort Beispiele nachhaltiger Verfahren für Filmproduktionen erfahren: Bei Bavaria Film bildeten Strom und Studio den Schwerpunkt. Bei Plazamedia ging es um virtuelles Drehen und alternative Licht- und Leuchttechnologien. Der dritte Besuch führte zum Requisiten- und Material­lager „Treibgut“. Bei der abschlie­ßenden Diskussion ging es um die Frage, ob und wie Standards, wie sie für den Bereich der Produktion existieren, auf die Formen der Aus­wertung Kino, Filmfestival, TV und Streaming übertragen werden können. Es diskutierten: Dr. Christian Bräuer, Prof. Philip Gassmann, Dr. Wolf Osthaus, Dr. Markus Riese, und Julia Weigl unter der Moderation von Bernhard Blöchl, Süddeutsche Zeitung. Bei der Gelegenheit verkündete Markus Riese, angeregt durch die Exkursion mit den KonferenzteilnehmerInnen, eine potenzielle Zusammenarbeit zwischen dem BR und dem Treibgut Material­lager – und Thorsten Schaumann („Selbst in Hof gibt es mittlerweile vegane Bratwürste“) stellte, bei welcher Verköstigung auch immer, eine Fortsetzung des Austausches bei den Hofer Filmtagen in Aussicht.

Tag 2

GRÜNE
STANDARDS
FÜR
ALLE?

Im Rahmen des Filmfest München 2023 fand die vom FFF Bayern und dem BKM organisierte „2. Green Culture Konferenz – audiovisuelle Medien“ in Bewegung im Amerikahaus statt. Ein Rückblick.
Wie lassen sich die ökologischen Standards für audiovisuelle Produktionen auf die Auswertung übertragen? Darüber diskutierten Branchenvertreter*innen und Expert*innen für Nachhaltigkeit im Rahmen der 2. Green Culture Konferenz auf Einladung von Kulturstaatsministerin Claudia Roth und FFF Bayern.
Von Marga Boehle

Ziel der zweitägigen Veranstaltung mit zahlreichen Workshops, die Anfang Juli zum Abschluss des Filmfests in München stattfand und bundesweit fortgesetzt werden soll, ist es, „Akteur*innen aus Kultur, Politik und Verwaltung, Wissenschaft sowie Zivilgesellschaft zusammenzubringen, um Ideen und Lösungen zu diskutieren und auszugestalten,“ wie es in der Einladung hieß. Unter Moderation von Bernhard Blöchl (Süddeutsche Zeitung) fassten auf dem Abschluss­panel Vertreter*innen aus den Bereichen Kino, Sender, Streaming und Festivals den Stand Entwicklung zusammen und formulierten Ziele für die Zukunft.

Standards schaffen Sicherheit, vieles von dem, was in jahrelanger Arbeit im Arbeitskreis Green Shooting entwickelt wurde, lässt sich auch auf andere Bereiche übertragen.

 

PHILIP GASSMANN

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Auf dem Podium kam mit Prof. Philip Gassman vom AK Green Shooting, maßgeblich beteiligt an der Entwicklung der Standards Green Motion, einer der Pioniere zu Wort. Seine These: Standards schaffen Sicherheit, vieles von dem, was in jahrelanger Arbeit im Arbeitskreis Green Shooting entwickelt wurde, lässt sich auch auf andere Bereiche übertragen. Deutschland sieht er dabei im internationalen Vergleich in Führung. Die ökologischen Standards, 2023 verbindlich eingeführt, seien weltweit einzigartig. Sie eröffneten Chancen, Rückschlüsse zu ziehen. Daten müssten allerdings dringend erfasst werden. Gassmann, der auch an der HFF München unterrichtet, führt Gespräche in Hochschulen und Sendeanstalten. Standards, meint er, bieten eine Form von Gewohnheit: „Wir konzentrieren uns auf Essentials, was schnell viel bringt. Sharing is caring, wir sind gerne bereit, das zu teilen.“ Die Verbindlichkeit der Standards ermögliche es Dienstleistern, zu investieren – Anschaffungen wie Grünen Generatoren sind nun einmal kostspielig. Und auch Luxus-Hotels wie der Bayerische Hof würden jetzt über Öko-Strom nachdenken, weil sonst die Schauspieler*innen woanders absteigen.

Für die Produktionsfirmen gilt es, große Herausforderung zu stemmen. Laut Gassmann sei einigen anfangs nicht bewusst gewesen, worauf sie sich einlassen. Nun kämen Probleme bei der Umsetzung auf den Tisch: „Jetzt geht’s ums Thema Geld. Alles wird teurer, kostenneutral geht es nicht. Die Suppe kocht hoch,“ meint er. Unter dem Zwang der ökologischen Standards sei jetzt erforderlich, alle an einen Tisch zu holen und gemeinsam das weitere Vorgehen zu besprechen.

Kleine Einzel­unternehmen des Verbandes müssten finanziell unterstützt und individuell angeleitet werden.

 

CHRISTIAN BRÄUER

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Christian Bräuer, Geschäftsführer der Yorck Kinogruppe und Vorstand­vorsitzender AG Kino Gilde, hat klare Vorstellungen für die Umsetzung der Standards: Kleine Einzel­unter–nehmen des Verbandes müssten finanziell unterstützt und individuell angeleitet werden. Sie benötigen eine auf ihren Kinobetrieb angepasste Strategie in Sachen Klimaschutz, um die not­wendigen Maßnahmen systematisch umsetzen zu können. Dafür seien Daten wichtig, schließlich fördere Messbarkeit auch die Handlungs­motivation.

Auch seiner Meinung nach sind Standards Voraussetzung: „Wir sind nicht mehr an der Startlinie bei der Umsetzung der Klimaziele, sondern durchaus schon vorangegangen in den Kinos.“ Die Yorck-Gruppe habe 2013 bereits auf Ökostrom umgestellt, begleitet von einer Kampagne, die vor jedem Film läuft. Auch die Cineplex-Gruppe und FFA seien sehr aktiv. In der AG Kino gibt es seit 2018 mit Unterstützung des Umweltbundes­amtes eine*n Kinobeauftragten. Klimabilanzen werden erstellt, Modellkinos wurden entwickelt, man weiß, dass 34% des CO2- Ausstoßes auf Energie, Strom und Wärme zurückgeht, und 44% auf Mobilität – des Publikums. Da seien Kinos in der Großstadt privilegiert, die Klimabilanz dort eine andere. Man brauche Menschen im Team, die Zeit haben, sich mit Themen wie Ressourcen, Abfall, Mobilität zu befassen, neben dem Filmprogramm. Dazu brauche es Orientierung und kleine Einheiten. Bräuer weiß, dass das junge Publikum das einfordert: „Wir haben Verant­wortung nach innen und außen.“ Gerade die kleinen Kinos seien am Limit, da auch für die Filmvermittlung immer mehr getan werden müsse. „Millionen kleine Schritte sind entscheidend.“ Erforderlich sei ein Qualitätsmanagement mit Schwer­punkt Grünes Kino – wie ein „Kinodoktor“, der durchs Land reist. Unterstützung sei dort wichtig, wo die Kinos aus Eigenmitteln an ihre Grenzen kommen, beispielsweise bei den Gebäuden. Denkbar wäre als Anreiz eine Zusatzleistung bei Erfüllung der Standards für gutes Programm und gute Publikumsarbeit, grün umgesetzt.

Mit Zahlen fange die Klimabilanz an, one fits all gelte nicht für die Kinos, die zu unterschiedlich sind. Deshalb: Standards ja, aber es gibt keine Regel für alle. Er verweist auf das Projekt Kino, die Programmreihe Cinenature, und Modellkinos, die konkrete Öko-Bilanzen ziehen. Es brauche Qualitätsmanagement und Marketing nach innen. In der Breite müsse man alle mitnehmen, auf einzelne Betriebe eingehen. Als Zwischenschritt könnten da Workshops für bestimmte Kinotypen mit konkreten Anleitungen und der Definition von Standards hilfreich sein. „Wir kommen nicht umhin, es gibt ein sehr hohes Bewusstsein in der Branche für das Thema, einige müssen vorangehen und andere mitnehmen.“

In Zukunft wird sich eine Arbeitsgruppe aus unterschiedlichen Abteilungen um nachhaltige, festivalübergreifende Konzepte kümmern, auch der Austausch mit der AG Filmfestival ist wichtig.

 

JULIA WEIGL

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Julia Weigl, Programmerin und Moderatorin beim Filmfest München, brachte die Position der Festivals ein. Als Filmfest München, das gerade zu Ende gegangen war, wolle man seinen Teil dazu beitragen, die Filmbranche nachhaltiger zu gestalten. in Sachen Nachhaltigkeit habe man bereits wichtige Initiativen gestartet und sei Kooperationen eingegangen, z. B. mit dem Museum Brandhorst und anderen Festivals wie Karlovy Vary, um internationale Gäste länger in Europa halten zu können. Ein Festival lebe schließlich von den Begegnungen, und da fallen viele Reisen an. Auch ein Veranstaltungsticket mit der Bahn gab es, an der Reduzierung von Printprodukten werde gearbeitet und an einer Wiederverwertbarkeit beim Branding. In Zukunft soll sich eine Arbeitsgruppe aus unterschiedlichen Abteilungen um nachhaltige, festivalübergreifende Konzepte kümmern, auch der Austausch mit der AG Filmfestival sei wichtig.

Seit kurzem ist im BR eine gemeinsam mit SWR und Saarländischem Rundfunk entwickelte Beschaffungsordnung in Kraft, wo neben Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit Nachhaltigkeit als dritte Säule genannt wird.

 

MARKUS RIESE

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Dr. Markus Riese, Marketingchef Hauptabteilung Intendanz des Bayrischen Rundfunks, koordiniert seit 2020 den Aufbau eines Nachhaltig­keitsmanagements beim BR und im ARD Verbund. Seit 2021 leitet er auch das ARD Board Ökologische Nachhaltigkeit. Seiner Meinung nach kann Klimaschutz nur gemeinsam, ganzheitlich und kooperativ gelingen. Den BR sieht er auf gutem Weg, seit die Intendantin ihr Amt angetreten und Nachhaltigkeit zum Standard erklärt habe. Eine ganzheitliche, gesamte Wertschöpfungskette fange an bei Einkaufsprozessen. Seit kurzem ist im BR eine gemeinsam mit SWR und Saarländischem Rundfunk entwickelte Beschaffungsordnung in Kraft, wo neben Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit Nachhaltigkeit als dritte Säule genannt wird. An allen Standorten habe man 100% Öko-Strom eingeführt. Zum 1. Januar Öko-Standards eingeführt für alle fiktionalen Auftragsproduktionen. Auch der TV-Hit „Dahoam is Dahoam“ werde inzwischen nach dem Green Motion Label produziert. Sukzessive soll das auch für alle Eigenpro­duktionen gelten. Den Redaktions­verantwortlichen müsse die Bedeutung der Standards deutlich gemacht werden. Es brauche eine „Graswurzelbewegung“, mit „Green BR for Future“ sollen eigenständig Arbeitsplätze nachhaltig gestaltet werden. Ob bei Tausenden Mitarbeiter*innen ein Drucker oder Schnittplatz über Nacht eingeschaltet bleibe, sei ein kleiner Schritt mit großer Wirkung. Qualifizierung sei wichtig, zwei Green Consultants, die sich bislang eine Stelle teilen, begleiten die Produktionen. Die Übertragung vom Kirchentag war die erste Live-Übertragung nach Green Motion. Als Marketingveranstalter ist ihm auch wichtig, Events nachhaltig zu gestalten wie die BR Radeltour. Angetan von der Konferenz-Exkursion am Vormittag zur „Materialsammlung Treibgut“, wo Kulissen gesammelt und verliehen werden, gab Riese bekannt, dass er für den BR hier eine mögliche Zusammen­arbeit mit Treibgut in Erwägung zieht.

Ein ARD-Board zur ökologischen Nachhaltigkeit soll die neun Landesrund­funkanstalten und die Deutsche Welle koordinieren. Allerdings seien bislang alle nebenamtlich tätig. Im November wolle man eine erste Klimabilanz ziehen. Riese verweist auch auf dne Medienstaatsvertrag mit Grundlinien der Nachhaltigkeit. Diesen Rahmen gelte es nun bestmöglich auszufüllen, Initiativen zu fördern und bekannter zu machen.

Wo die Verringerung von Emissionen nicht möglich ist, muss man ausgleichen und in Initiativen investieren, die Kohlendioxid aus Atmosphäre wieder herausholen.

 

WOLF OSTHAUS

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Der Jurist und Rechtsanwalt Wolf Osthaus ist bei Netflix als Director Public Policy zuständig für Regulierungs- und Politikthemen im deutschsprachigen Raum, Benelux und Skandinavien. Auf dem Panel ging er auf das Netto-Null-Ziel seiner Company ab Ende 2022 ein. Dabei gebe es mehrere Komponenten: Eine sei, Emissionen gar nicht erst entstehen zu lassen. Bis 2030 wolle man 45% vermieden haben. Kein unrealistisches Ziel, im letzten Jahr konnte man die Emmissionen bereits um 12% verringern. Wo das nicht möglich ist, müsse man ausgleichen und in Initiativen investieren, die Kohlendioxid aus Atmosphäre wieder herausholen. Das sei ein aufwendiger Prozess, den man immer mehr vermeiden wolle. Der absolut größte Bereich mit ca. 60% entfällt auf die Produktion der Inhalte. Dort gelte es zu schauen, wo verschwendet wird, wo eingespart werden kann, beispiels­weise bei der Energieversorgung am Set. Im dritten Schritt kommt dann das Dekarbonisieren. Man sei bereits in vielen Ländern an solchen Initiativen beteiligt. Deutschland sei mit Green Motion Standard ganz vorne dabei. Beispiele müssten auch in andere Länder getragen werden. Der Fokus liege auf Eigenproduktionen in USA und UK in eigenen Studios. Akku- und Wasserstoffgeneratoren machten Produktionen grüner.

Die Verbreitung der Inhalte beim Streaming mache interessanterweise bei Netflix nur 5% der Emissionen aus – das Bereitstellen der Daten auf Server sei nicht so energieintensiv und leicht zu dekarbonisieren durch Öko-Strom. In einer Studie, an der mehrere große Sender und Streamer beteiligt sind, werden Daten zum Gesamt­prozess des Streamings erhoben. Eines der Ergebnisse: Der Wert einer Stunde Streaming in Europa bedeutet momentan 55 Gramm CO2 Ausstoß, was in etwa 400 km Autofahrt entspricht. Für andere Länder ergeben sich andere Werte, in Schweden sind es noch 20 km Autofahrt, in Frankreich 80, in Deutschland 500 – 550 – je nachdem, wie weit die Dekar­bonisierung ist. Ein großer Batzen des Energieaufwands liegt beim Endnutzer, genauer bei seinem Endgerät. Der große Bildschirm braucht viel Energie, der Router auch: „Beim Endnutzer müssen wir ansetzen“. Es müssten auch Kompressionsstandards verbessert werden. Die Frage sei auch, woher der Inhalt komme – aus München oder aus Kalifornien? Wie können wir Nutzer dazu bringen, sich für Öko-Strom zu entscheiden? Bewirken können Player auch etwas im Storytelling, etwa mit Filmen wie „Don’t Look up“ oder den Attenborough-Dokumentarfilmen.

Ein ARD-Board zur ökologischen Nachhaltigkeit soll die neun Landesrund­funkanstalten und die Deutsche Welle koordinieren. Allerdings seien bislang alle neben­amtlich tätig. Im November wolle man eine erste Klimabilanz ziehen. Riese verweist auch auf den Medienstaats­vertrag mit Grundlinien der Nach­haltigkeit. Diesen Rahmen gelte es nun bestmöglich auszufüllen, Initiativen zu fördern und bekannter zu machen.

Nach dem Ende des Panels, als die gesamte Konferenz zuende ging, meldete sich Sebastian Saad, Leiter des neuen BKM-Referats K17, persönlich zu Wort. Es handle sich beim Thema der Konferenz um ein ernstes Anliegen der BKM. Das Thema sei überdies nicht abgeschlossen. Er forderte die Teilnehmenden auf, ihre Erwartungshaltung an das BKM zu artikulieren. Gerne an ihn direkt per Email.

Sheri Hagen mit Diana Iljine

Claudia Roth, Dirk Messner, Maria Furtwängler, Dorothee Erpenstein und Bettina Reitz

Die Workshopleiter*innen Linda Weichlein, Christine Tröstrum, Thorsten Heimann, Birgit Heidsieck, Dirk Jepsen und Philip Gassmann

Dirk Messner, Präsident des Umweltbundesamtes

Die Gruppe “Ökologische Standards in der audiovisuellen Produktion”

Gedankenaustausch zum Thema “Ökologische Standards in der audiovisuellen Produktion”

Die Gruppe “Weiterbildung”

Gedankenaustausch zum Thema “Ökologische Standards in der audiovisuellen Produktion”

Die Beauftragte der Bundesregierung für Kultur und Medien besuchte im Rahmen der 2. Green Culture Konferenz das LED Studio von Plazamedia in Ismaning

 

Herausgeber: FilmFernsehFonds Bayern GmbH – Presse und Information
Text: Christina Raftery, Marga Boehle
Redaktion: Dr. Olga Havenetidis
Digitales Storytelling und Gestaltung: Schmid/Widmaier

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