Kreativer Impuls zum Auftakt

Creators
Conference
beim
Filmfest
München

Noch bevor das Filmfest München mit seiner offiziellen Eröffnung am Abend startete, setzte die Creators Conference der Produktionsallianz am Freitagvormittag ein Ausrufezeichen. Im Zentrum standen zentrale Branchenthemen wie KI im Storytelling, internationale Finanzierung, Post Peak TV – und der Reformbedarf im Fördersystem.
3 Minuten Lesezeit

KI und Storytelling

Chancen und Spannungen

Im Panel „Impact von KI auf Storytelling und neue Businessmodelle“ diskutierten Stephanie Schettler-Köhler (PAL Next AG) und Regisseurin Esther Gronenborn über kreative wie wirtschaftliche Auswirkungen generativer KI. Gronenborn arbeitet bereits mit Tools wie DALL·E und nutzt KI als visuelles Experimentierfeld: „KI wird Denkweisen über Geschichten verändern.“ Schettler-Köhler sieht durch KI neue Chancen für zurückgestellte Projekte: „Wir können endlich die Schublade mit alten Drehbüchern öffnen.“ Die präsentierten Projekte – etwa Gronenborns The Eden Project oder eine KI-generierte Sequenz aus Daisy – verdeutlichten Potenziale und Grenzen.

Beide warnten vor einer pauschalen „Full-AI“-Produktion. Zwar könnten hybride Workflows neue Produktionswege ermöglichen, doch klassische Gewerke wie Licht oder Szenenbild seien akut gefährdet. Dennoch: „Gute kreative Heads Of werden nicht verschwinden“, so Gronenborn.

Post Peak TV

Strategien in der Fragmentierung

Berater Daoud Jackson erklärte in seinem Vortrag das klassische Fernsehen für strukturell überholt: „2020 war der Peak.“ Die sinkenden linearen Quoten würden nicht durch neue Erlösquellen wie BVOD oder FAST kompensiert. Wachstum finde andernorts statt: Retail Media werde laut Prognose bald doppelt so viel Werbevolumen generieren wie Broadcaster.

Die eigentliche Herausforderung sieht Jackson im „Engagement Gap“: TikTok & Co. binden täglich deutlich mehr Aufmerksamkeit als klassische Medien. Hoffnung machen Microdramas, Gamification-Ansätze und YouTube als ernstzunehmender Content-Investor. Entscheidend sei eine erkennbare kreative Handschrift.

Content im Wandel und wer ihn bezahlt

Im Panel „Show me the Money“ ging es um neue Finanzierungsformen jenseits klassischer Modelle. Vertreter:innen von Produktion, Medien und Markenkommunikation betonten die wachsende Bedeutung von Branded Content und strategischer Kooperation mit Marken. Kai Fischer (Constantin Creators) plädierte für Inhalte, die in vertraute Lebenswelten eingebettet sind – jenseits rein quantitativer Reichweitenlogik.

Internationale Perspektiven und strukturelle Fragen

Der Together Fund, vorgestellt von Alexandra Lebret, will mit Minderheitsbeteiligungen an wachstumsstarken Produktionsfirmen deren Entwicklung begleiten – mit Fokus auf IP-Eigentum und strategischem Aufbau. Ziel sei es, nicht in einzelne Projekte, sondern in unternehmerische Substanz zu investieren.

Beim Panel zu Vergütungsansprüchen in digitalen Umgebungen kritisierte Albrecht Bischoffshausen (VFF) die Leerstelle bei Cloud-Kopien und KI-Trainingsdaten: Trotz signifikanter Umsätze fehle es an gesetzlich verankerten Vergütungsmodellen. Die VFF fordert ein System analog zur Privatkopie-Abgabe.

Stephen Follows

Das deutsche Kino im Datenspiegel

Mit britischem Witz und analytischer Schärfe präsentierte Stephen Follows einen datenbasierten Überblick über zwei Jahrzehnte Kinoproduktion. Seine Beobachtungen reichten von thematischen Verschiebungen bis zu internationalen Absatzchancen deutscher Produktionen.

Besonders auffällig: Deutsche Filme kreisen bevorzugt um Themen wie Gemeinschaft, Familie, Zugehörigkeit und Identität. Laut Follows findet gerade eine vorsichtige Verschiebung hin zu politischeren Inhalten statt – etwa Klimakrise, Migration oder gesellschaftliche Polarisierung. Diese neuen Themenfelder würden sich jedoch noch selten in international wettbewerbsfähigen Formaten niederschlagen.

Genreübergreifend gelte: Was in Deutschland gut funktioniere – etwa Familienfilme und Komödien –, habe jenseits des deutschen Markts oft wenig Resonanz. Dagegen stießen Dramen mit ethischen Fragenstellungen und historischem Kontext international auf Interesse – ein möglicher Schlüssel für stärkere Exportfähigkeit. Follows formulierte es pointiert: „Deutschland kann Geschichten erzählen, die sonst niemand erzählt. Aber sie müssen auch visuell und dramaturgisch die internationalen Sehgewohnheiten bedienen.“

Ein zweiter Fokus lag auf wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Follows warnte vor Fehlentwicklungen wie in Großbritannien, wo steuerliche Anreize zwar viele Produktionen angelockt, aber auch einen Fachkräftemangel ausgelöst haben. Seine Empfehlung: Ausbildung stärken, lokale Infrastrukturen absichern und klug regulieren, bevor internationale Großproduktionen die Ressourcen monopolisieren.

Debattenreichtum als Stärke

Die Creators Conference 2025 setzte erfolgreich Impulse für zentrale Herausforderungen der Branche und bot einen geistesgegenwärtigen Auftakt zum Filmfest München.  

Herausgeber: FilmFernsehFonds Bayern GmbH – Presse und Information
Redaktion: Olga Havenetidis
Gestaltung und digitales Storytelling: Schmid/Widmaier

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