Von München
nach Hollywood
und zurück

In Philipp Kreuzers Laufbahn als Produzent gab es viele internationale Stationen. Aktuell bewegt er sich mit der Maze Pictures und dem Joint-Venture Supernix auf einer nicht nur in Sachen Glamour vielversprechenden Hauptachse: München – Penzing - Hollywood
von Christina Raftery
7 Minuten Lesezeit
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Es ist nicht das erste Mal, das „Hollywood“ nach Bayern kommt, diesmal jedoch in einer neuen Dimension. „Nicole Kidman dreht in Bayern“, titelte die Süddeutsche Zeitung im Januar fast lapidar. Tatsächlich ist mittlerweile bestätigt, dass die zweite Staffel der US-Streamingserie Nine Perfect Strangers mit Nicole Kidman unter anderem auf einem ehemaligen Fliegerhorst in Penzing bei Landsberg am Lech gedreht wird. Der FFF Bayern unterstützt das Projekt mit 1 Million Euro im Förderprogramm „Internationale Filme und Serien“, ein Vielfaches davon wird in Bayern ausgegeben und ungefähr 300 Arbeitsplätze entstehen rund um das Vorhaben. Magnet sind die großen Studioflächen, die Nähe zu den Alpen und die international bereits geschätzte „Hyperbowl“, ein ultramodernes Virtuelles LED-Studio zur Kreation animierter Welten für Filmszenen aller Art. Auch Sylvester Stallone soll in den Startlöchern stehen und dort im Sommer Teile der Fortsetzung von Cliffhanger (1993) drehen.

Die Ausrichtung zwischen internationaler Vernetzung und lokaler Verankerung manifestiert sich im Team hinter dem Nine Perfect Strangers-Projekt. Federführender Partner in Europa ist die „Supernix“, das seit der FFF-geförderten Actionkomödie Guns Akimbo mit Daniel Radcliffe (2018) bestehende Joint Venture zwischen der Maze Pictures und der Occupant Entertainment von Joe Neurauter, zugleich Geschäftsführer der Penzing Studios.

In der Küche seines charmanten Hinterhof-Büros in einer angenehm bodenständigen Gegend am Münchner Goetheplatz führt Kreuzer stolz einen Retro-Spielautomaten vor, ein Requisit aus Siberia (2020) von Abel Ferrara. Das Tundra-Drama mit William Dafoe lief im Wettbewerb der Berlinale und steht für eine Entwicklung, die die Maze Pictures seit ihrer Gründung 2015 angesteuert hat.

Startschuss für die internationale Ausrichtung war The Happy Prince (2018) mit Rupert Everett, Colin Firth und Emily Watson: „Bis heute unsere erste Visitenkarte“, so Kreuzer. „Dieser Film war der erste Gamechanger. Er wurde maßgeblich in Bayern gedreht und hat gezeigt, dass man aus Deutschland heraus eigene, große, starbesetzte und hoch budgetierte Kinofilme entwickeln und produzieren kann.“

Rupert Everetts Regiedebüt über Oscar Wildes letzte Lebensjahre im Exil, das in Sundance und Berlin Premiere feierte und für den Kreuzer und Co-CEO Jörg Schulze den Bayerischen Filmpreis erhielten, vereint inhaltliche Ambition, Star-Power und produzentisches Geschick.

In diesem Sinne als „Katalysator“ zu wirken, ist Kreuzers Anspruch, auch sein Werdegang belegt dies. Nach dem Jurastudium in München mit Stationen in Paris und Filmschule in Spanien war der in fünf Sprachen versierte Kreuzer in internationalen Medienkanzleien sowie bei Eurimages in Straßburg tätig, anschließend zehn Jahre in verschiedenen Positionen bei Bavaria Film, dort führte er die Tochtergesellschaft in Rom und den TV-Weltvertrieb und produzierte die ersten Filme.

Der wachsenden Expertise in großen Strukturen folgte mit der unabhängigen Maze Pictures der Entschluss zum kleinen, beweglichen Rahmen – allerdings breit aufgestellt mit engem Netzwerk und festen Partnerschaften. In der Tat kommt der labyrinthische Firmenname nicht von ungefähr: So sitzen Maze und Supernix in München, Berlin und Innsbruck. Eine Beteiligung gibt es darüber hinaus an der Red Balloon Film in Hamburg, während die Maze Pictures Swiss in Luzern digitale Strategien und Content für kulturelle Einrichtungen wie das Metropolitan Museum of Art in New York, das Kunstmuseum Basel oder das Frankfurter Städel produziert. „Auch hier greift unsere Kernkompetenz, mit Filmtalenten Narrative zu entwickeln“, erklärt Kreuzer den „kleinen, feinen“ Bereich der „Digital“.

Aus einer kleinen Struktur heraus grenzüberschreitend erzählen: dem „Türöffner“ mit The Happy Prince folgten nach Siberia, der Thriller Zero and Ones (2021) mit Ethan Hawke, für den Abel Ferrara den Regiepreis in Locarno gewann und die Supernix Produktionen wie

der FFF-geförderte Martial-Arts-Film Kung Fury 2 (2019) mit Michael Fassbender und Arnold Schwarzenegger,

das Re-Imagening der Cult-Comic Verfilmung The Crow (2022) und die Videospiel-Adaptation Return to Silent Hill (2023). 

Auf der diesjährigen Berlinale feiert Abel Ferraras dokumentarischer Essay Turn in the wound mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und Patti Smith Premiere. In Postproduktion befindet sich die deutsch-kanadische Koproduktion Rumours (Regie: Guy Maddin) mit unter anderem Cate Blanchett, Charles Dance und Alicia Vikander. 

„Brücken zwischen klassischem Film, TV und digitalen Narrative auf verschiedenen Plattformen etablieren“ –  Philipp Kreuzers Vision ist zukunftsweisend. Neben den visuell innovativen Formaten, die mit Hilfe modernster Technik wie in den Penzing Studios entstehen oder die Kunst in Museen neu erzählen, setzt Kreuzer mit dem Team der Maze Pictures auch auf klassisches Fernsehen.

Internationales Profil gaben diesem Sektor beispielsweise vier Staffeln der mit Hilfe des FFF Bayern angeschobenen Thriller-Procedual Die purpurnen Flüsse (2018-2022), eine Koproduktion mit dem ZDF und France 2,

der BR-Polizeiruf 110: Die Lüge, die wir Zukunft nennen von Dominik Graf (2019; Drehbuch: Günter Schütter), die Emmy-nominierte Kinderserie Die Erben der Nacht (NDR, NRK, NPO, 2019) oder der unter anderem auf Netflix gezeigten Serie Sunshine Eyes (2022). Gemeinsam mit Dominik Graf und Günter Schütter entwickelt Maze mit FFF-Unterstützung aktuell Die Eiche über das legendäre Münchner Gaststättenhotel Deutsche Eiche. Aktuell wird mit Red Balloon Film die Verfilmung von Tanya Stewners Besteller-Reihe Alea Acquarius vorbereitet, ebenfalls als internationale Koproduktion.

Sein Faible für starke Themen konnte Philipp Kreuzer bei einem weiteren lokalen TV-Format verwirklichen. So ist ihm die FFF-geförderte BR/ORF-Serie Himmel Herrgott Sakrament von Franz Xaver Bogner nach der gleichnamigen Buchvorlage des Münchner Pfarrers Rainer M. Schießler ein großes inneres Anliegen: „Ich arbeite in München, habe lange in der Nähe der Kirche St. Maximilian gewohnt, Schießlers Geschichte hat mich sehr bewegt, sie war Inspiration für die Serienidee und ihre Hauptfigur. Und ich wollte immer eine Serie in meiner Heimatstadt machen.“ Ungeachtet der Kontroversen rund um die katholische Kirche gebe es „einen Grund, warum sich Religion so lange hält“: „Schießler will die Menschen mitnehmen und bietet dafür ein spannendes Narrativ – und seine Kirche ist voll.“ Und so geht es in der Serie nicht nur um einen Geistlichen zwischen sozialem Einsatz und Einsamkeit und das menschliche Bedürfnis nach Spiritualität, sondern auch die kreative Freude eines Produzenten, sich einem Thema aus einem liebgewonnenen Stadtteil („Ein Viertel in München ist eben anders als ein Kiez in Berlin“) zu widmen.

Knapp 30% Marktanteil im Bayerischen Fernsehen und Millionen Hits in der ARD-Mediathek – das ist nur vordergründig ein Kontrast zum „global scale“ der anderen Produktionen. Auch hier kamen erneut modernste Technik-Tools und die „Virtual Stage“ zum Einsatz: „Unser Horizont endet auch hier nicht an der Wand.“ Auch bei der wichtigen Infrastruktur in Penzing handele es sich nicht um „Prestige-Studioprojekte“, sondern den Ausbau der Infrastruktur an einem Standort, „an dem wir gerne arbeiten und uns auch politisch unterstützt fühlen“, so Kreuzer, der sich auch als Aufsichtsratsvorsitzender von German Films und im Produzentenverband engagiert.

„Früher wollte ich Diplomat werden“. Das kann der begeisterte Networker Philipp Kreuzer aktuell mehr denn je ausleben. Die „harte“ Akquise der Studioproduktion Nine Perfect Strangers, für die sich auch andere europäische Länder interessierten, ist der nächste Gamechanger, um Supernix und Maze Pictures zu einem Aushängeschild für erfolgreiche internationale Koproduktionen aus und in Bayern zu machen. Die Koordination von komplexen Produktionen mit internationalem Cast meistert Philipp Kreuzer mit seinen Partnern ebenso souverän wie jüngst die Mitorganisation der Matinee zu Franz-Xaver Bogners 75. Geburtstag im Kino Ottobrunn. „Dort habe ich mich als 12-jähriger mit meinen Freunden in Filme ab 16 reingeschmuggelt“, erzählt der aus Waldperlach stammende Kreuzer von seinen cineastischen Wurzeln. 2024 feierte er mit Gästen wie Ottfried Fischer, Christian Ude und Dieter Reiter ein filmisches Urgestein. Und fasst seine eigene Motivation zum Filmemachen prägnant zusammen: „Menschen wollen sich immer Geschichten erzählen lassen – und im Teamwork Geschichten erzählen.“ Mit dieser Einstellung wird er in den kommenden Monaten sicher auch Penzings Bürgermeister Peter Hammer unterstützen können. Der sagte der Süddeutschen Zeitung nämlich: „An die Rolle eines bayerischen Hollywoods werden wir uns noch etwas gewöhnen müssen.“

Herausgeber: FilmFernsehFonds Bayern GmbH – Presse und Information
Text: Christina Raftery
Fotos: Berlinale, Port au Prince Pictures, Concorde Filmverleih, Tobis, Disney, Edel: Motion, BR/maze pictures GmbH / Hendrik Heiden, BR/ORF/maze pictures GmbH/Barbara Bauriedl
Redaktion: Dr. Olga Havenetidis
Digitales Storytelling und Gestaltung: Schmid/Widmaier

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