Was ist Heimat? Diese Frage haben (sich) schon Viele gestellt. Wobei einem diese Frage interessanterweise meist dann erst in den Sinn kommt, wenn man diese verloren hat oder die Heimat auf irgendeine Art bedroht sieht. Für Siegfried von Vegesack traf zeitweise beides zu. Der 1888 im ehemaligen Livland geborene, deutsch-baltische Schriftsteller verließ 1912 seine erste Heimat und lebte nach Stationen in Heidelberg, Berlin und München von 1918 an in Weißenstein, einem Ortsteil von Regen im Bayerischen Wald. Was Heimat ist? Eine poetische Antwort formulierte Vegesack 1932 in seinem Roman Das fressende Haus: „Heimat ist allüberall, wo Wälder im Winde wehen, wo auf dem Erdenball Liebende unter flammenden Sternen stehen.“ Oder etwas prosaischer: „Heimat ist nirgends und überall.“
Der letzte Satz stammt nicht aus dem Roman, sondern aus dem 360-Grad-Film Flucht in die Wälder von Emil Spiewok. Auch dort spricht ihn der von Robert Mika verkörperte Siegfried von Vegesack. Danach holt der mit Hut, Rucksack und Wanderschuhen bekleidete Schriftsteller eine Hakenkreuzflagge von einem Mast auf der Burgruine Weißenstein ein, drückt sie einem jungen Mann in die Hand und geht davon. Davor konnte man in dem etwas mehr als 20 Minuten dauernden Film eine Art Bewusstseinswandel oder das Reifen einer Entscheidung bei von Vegesack erleben. Dieser lebt mit seiner Familie im ehemaligen Getreidespeicher neben der Burgruine, als im Jahr 1933 dort die Nationalsozialisten aufmarschieren. Vegesack zieht los in den Wald, um seine Seele von dem Spuk zu heilen. In der Nacht kommt es dort zu einer schicksalhaften Begegnung mit einem Fremden.