Jüdisches
Leben
in Deutschland
heute

Bereits vor dem Start in der Mediathek am 3. Mai 2024 war die FFF-geförderte Serie Die Zweiflers in aller Munde. Sie gewann drei Preise bei Canneseries, darunter als „Beste Serie“. Für Produzent und Showrunner David Hadda ist entscheidend, aus bestimmten Perspektiven, in hoher Dringlichkeit und mit gesellschaftlicher Relevanz zu erzählen. Ab 10. Mai 2024 wird die Serie im Ersten linear ausgestrahlt.
von Chris Schinke
5 Minuten Lesezeit
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Mehr Vorschusslorbeeren für eine Fernsehproduktion geht kaum. Der 6-Teiler Die Zweiflers aus der Feder des Produzenten und Showrunners David Hadda gewann beim renommierten Serienfestival Canneseries in gleich drei Kategorien. Darunter holte die Serie um eine jüdische Familie und ihr Frankfurter Delikatessen-Imperium den begehrten Preis für die „Beste Serie“.

Das Team von Die Zweiflers im April 2024 in Cannes – drei Auszeichnungen gab es für die Serie bei Canneseries

Für Hadda ist die Auszeichnung im Film-Mekka, wie er im Interview erklärt, natürlich eine große Ehre. Besonders die Aufführung seiner Show im mythenumwobenen Lumière-Theater der Filmstadt Cannes hat es ihm dabei angetan. „Es ist unglaublich, die direkten Reaktionen beim Publikum zu spüren. Besonders wenn an den richtigen Stellen gelacht und geweint wird. Durch den großen Applaus im Theater kamen wir uns bereits nach der Vorstellung wie Sieger vor.“ Diesen Eindruck hatte Hadda ganz zu Recht, wenn man die vielen positiven Stimmen betrachtet, die sich seit der Premiere der Zweiflers kundtun. Seit dem 3. Mai 2024 können sich Zuschauer*innen der ARD Mediathek einen Eindruck von der vielschichten Dramedy, die von Hadda und seinem Autorenteam um Juri Sternburg und Sarah Hadda ersonnen wurde, machen.

In Cannes wurde an den richtigen Stellen gelacht und geweint

Die Koproduktion der Firma Turbokultur für die ARD Degeto kreist um Fragen jüdischer Identität im Hier und Jetzt. Dramaturgisch clever erzählt und dargeboten im markanten Look kinoreifer Bildgestaltung rückt die Erzählung das mehrere Generationen umfassende Schicksal der Familie Zweifler in den Fokus. An einer präzisen wie liebevollen Figurenzeichnung war Hadda, der bereits mehrere Jahre vor Produktionsbeginn begonnen hatte, an dem Projekt zu arbeiten, dabei besonders gelegen. Als er die Idee zu den Zweiflers dem Sender erstmals pitchte, damals noch angelegt als ein filmisches Kammerspiel, das um ein zentrales Ereignis kreiste, war das Feedback so unerwartet wie erfreulich. Die Degeto wollte das Projekt gemeinsam mit Hadda verwirklichen, und zwar größer als ursprünglich gedacht – als Mehrgenerationen-Erzählung über sechs Episoden hinweg. Hadda und seine Turbofilm hatten zuvor bereits gemeinsam mit der ARD Degeto mit Lamia die Coming-of-Age-Geschichte einer jungen Muslimin in Berlin produziert.

Die Serie kreist um Fragen jüdischer Identität im Hier und Jetzt

Die auch in Bayern stattgefundenen Dreharbeiten zu den Zweiflers erfolgten zwischen August und November 2023 und wurden dabei von den Terror-Anschlägen der Hamas in Israel überschattet. Für Teile der Dreharbeiten bedeutete das einen gesteigerten Sicherheitsaufwand. Inhaltlich hatte das Geschehen auf seine Produktion jedoch keinen Einfluss, wie Hadda im Gespräch festhält. Sein Anliegen, jüdisches Leben in Deutschland heute zu zeigen und mit einer völlig neuen Selbstverständlichkeit zu erzählen, stellte der Produzent bereits in zwei Staffeln des Talkformats Freitagnacht Jews unter Beweis. Host Daniel Donskoy spricht dabei jeweils im Rahmen eines Schabbat-Dinners mit Gästen über ihr Verständnis von jüdischer Identität. In der seit 2021 für ZDFneo produzierten Comedy Deadlines zeigt die Turbokultur das Leben der Frankfurter „Goldstein Girls“ Elif (Jasmin Shakeri) und Lena (Sarah Bauerett), Jo (Salka Weber) und Franzi (Llewellyn Reichman) auf der Suche nach familiärem wie beruflichem Glück.

Für den Produzenten und Showrunner Hadda ist bei der Auswahl seiner Stoffe dies entscheidend: „Bei uns geht es immer darum, einen Stoff aus einer bestimmten Perspektive mit hoher Dringlichkeit zu erzählen – dies gleichzeitig bei gesellschaftlich Relevanz. Dieses Prinzip zieht sich durch unsere Shows, Fiction und Podcasts.“ Ein Händchen beweist Hadda dabei stets für die Auswahl seiner charismatischen Darsteller*innen und Protagonist*innen.

Das Anliegen des Showrunners: jüdisches Leben in Deutschland heute zu zeigen und mit einer völlig neuen Selbstverständlichkeit zu erzählen

In Die Zweiflers ist es Schauspieler Aaron Altaras, den das Autorenteam und die Regie, bestehend aus Anja Marquardt und Clara Zoe My-Linh von Arnim im Taumel seiner Sinnsuche inszenieren. Sein Glück hat der bis jetzt fern von seiner Familie als Musikmanager in Berlin gesucht, die Liebe aber bringt ihn zurück in seine Heimatstadt Frankfurt am Main, Geburtsort auch von David Hadda.

Der Mainmetropole kommt in Die Zweiflers eine besondere Rolle zu, für den Fernsehmacher hatte seine Heimatstadt immer ein bisschen etwas von New York City. Die ARD-Serie zeigt das Frankfurter Bahnhofsviertel daher konsequenterweise als turbulenten Hexenkessel und multikulturellen Schmelztiegel. Das Viertel ist sowohl Handlungsort des Familien-Delis als auch Wirkstätte des lokalen Rotlichtmilieus. Eine Mischung, die es in sich hat. David Haddas Zweiflers etablieren eine eigenständige, originelle Welt, wie sie im deutschen TV so bisher noch nicht zu sehen war. Der wilde Sprachmix aus Deutsch, Englisch, Jiddisch, Hebräisch und Russisch prägt sein Erzähluniversum, seine psychologisch vielschichtigen, komplexen Figuren. Als autobiografisch will David Hadda Die Zweiflers dabei nicht verstanden wissen, wenngleich als sehr persönliche Erzählung: „Ich bin zwar in Frankfurt geboren und aufgewachsen, und komme aus diesem Mikrokosmos, den wir beleuchten. Es war für die Produktion aber von vornherein klar, dass wir stilisieren würden und uns von der Realität entfernen, ohne die Authentizität und Mentalität dieser Menschen zu verwässern.“ Mit den Zweiflers ist Hadda und dem Kreativteam jedenfalls ein echtes Original gelungen.

Herausgeber: FilmFernsehFonds Bayern GmbH – Presse und Information
Text: Chris Schinke

Fotos: ARD
Redaktion:
 Dr. Olga Havenetidis

Digitales Storytelling und Gestaltung: Schmid/Widmaier

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